Und wieder gab es bei Textstaub am vergangenen Sonntag drei Wörter für das sonntägliche Schreibprojekt:
Fluss
Rost
milchweiß
abc.etüden/ Beruf und Leidenschaft (11/1)
Sei Jahrhunderten floss er träge dahin, veränderte sein Bett nur für geübte Kenneraugen und behielt seine tiefen Geheimnisse meistens für sich.
Wie oft war Thomas schon an diesen Fluss gerufen worden und stand jedes Mal erschüttert vor dem, was er preisgab. Taucher beförderten ganze Wagenladungen von Unrat an die Wasseroberfläche, bis hin zu versunkenen Autos, die sich als wahre Rost-Lauben entpuppten.
Früh um sechs hatte man ihn angerufen, an einem Tag, an dem die Frühlingssonne zur Höchstform auflaufen wollte und sich alle menschlichen Sinne der aufbrechenden Natur hingaben. Er stand am Ufer des Flusses, die Hände zu Fäusten geballt und seine Augen füllten sich mit Tränen, als er ihren makellos schönen, milchweißen nackten Körper betrachtete. Ein gezielter Schuss mitten ins Herz hatte dieses junge Leben brutal ausgelöscht und wie eine Kerze ausgeblasen.
Er sah zum wolkenlosen Himmel hinauf, damit der Kollege, der auf ihn zueilte, seine Tränen nicht sah. Und wie immer in solchen Fällen schaffte sich sein Ehrgeiz einen Raum, dieses Schwein zu finden und möglichst für immer hinter Gitter zu bringen.
Er hatte keine Zeit zu verlieren.