Schreibeinladung für die Textwochen 02*03*04*05**24 |

Neues Jahr, neue Etüden. Christiane hat den Startschuss gesetzt!

Die Wortspende für Januar 2024 bzw. für die Textwochen 02, 03, 04 und 05 des Jahres 2024 kommt von Ludwig Zeidler, dem Etüdenerfinder, der aber nicht mehr bloggt. Sie lautet:

Krisenmodus
faul
empfehlen

Ein neues Jahr, erst vier Wochen alt und die Krisen vom alten Jahr haben den Jahreswechsel nicht ausgelassen. Im Gegenteil, sie laufen sich weiter warm!

Klimakrise, Regierungskrise, Energiekrise, Migrationskrise, Notstände im Bereich der  medizinischen und pflegerischen Versorgung, Bildung und auf dem Wohnungsmarkt, Proteste der Bauern und Streiks bei der Bahn, Kriege in der Ukraine und in Israel und unzähligen fast vergessenen anderen Kriegsschauplätzen  – die Lust auf die täglichen Nachrichten scheint selbst in die Krise zu geraten, denn wer will und kann das alles noch hören?

In einem Jahr, das sich bei mir akut mit einer heftigen Atemwegsinfektion unbeliebt macht und mit der nächsten Null auf der Lebensleiter droht, möchte ich am liebsten im Energiesparmodus faul auf der Couch liegen und abwarten und Tee trinken.

Irgendwann müssen die Zeiten doch mal wieder besser werden, oder?

Aber das ist eine Milchmädchenrechnung, das ist bekannt. Auch die besten Ratschläge helfen nur dann, wenn man selbst aktiv wird. Das eigene Leben in die Hand nehmen, nur das zählt!

Aufstehen – das zeigen viele in unserem Land, nicht länger schweigen, sondern verbal und visuell Flagge zeigen gegen die, die unsere Werte unterwandern und Zwietracht säen, selbst aber weder ein annehmbares Programm vorweisen noch konstruktive Lösungen haben.

Ein Ruck geht durch unser Land und unsere Gesellschaft wird wieder bunt und farbenfroh.

So wird der Krisenmodus zumindest in einigen Bereichen durch ein zart ansteigendes Hoffnungsbarometer in den Hintergrund gedrängt. Und da ich mangels Gesundheit nicht mit auf die große Straße gehen und demonstrieren kann, empfehle ich als Zuspruch die Worte des jungen Hape Kerkeling:

https://www.youtube.com/watch?v=yQCoJz-B0lA

256 Wörter

Schreibeinladung für die Textwochen 45*46*47*48**23 (2)

Christianes Etüdenjahr geht zu Ende. Bald folgen die Adventsetüden.

Die Wortspende für November bzw. für die letzten Textwochen 45, 46, 47 und 48 des Jahres 2023 kommt von Myriade und ihrem Blog la parole a été donnée à l´homme pour cacher sa pensée. Sie lautet:

Horizont
kleinkariert
eintreten

Auf der Suche nach dem Neuen

Herr Cornelius stellte sich vor den Lehrertisch, verschränkte die Arme vor der Brust und blickte seine 10. Klasse erwartungsvoll an. Das Überraschungsmoment war vorbei und lautes Gemurmel zog sich durch die Sitzreihen. Er wartete. Etwa 10 Minuten nach Unterrichtsbeginn stand Florian, der Klassensprecher, auf und meldete sich zu Wort.

„Wir hatten jetzt keine Zeit, uns darüber auszutauschen, was wir davon halten. Aber vielleicht können Sie uns mal verklickern, weshalb der nächste Wandertag ausfällt? Wir hatten doch in Erwägung gezogen, ins Kino oder zum Bowlen zu gehen. Und nun kommen Sie und wollen mit uns in eine Ausstellung gehen. Haben wir nicht schon genug Geschichtsunterricht? Gönnen Sie uns doch mal ein wenig Chillen und Abhängen. “

Das Gemurmel schwoll an und ging in eine lebhafte Diskussion über.

„Dieser kleinkarierte Typ, der gönnt uns auch gar nichts!“

„Nächstens sollen wir noch in eine Partei eintreten.“

„Ich gehe da nicht mit, meine Mutter gibt mir eine Entschuldigung!“

Herr Cornelius schnappte so einiges an Einwänden auf, wobei Sätze wie diese noch die harmlose Variante waren. Er nahm in seiner Klasse, in der achtzig Prozent seiner Schäfchen einen Migrationshintergrund hatten, seit geraumer Zeit gefährliche Tendenzen wahr. Von Rechtsradikalismus bis zu Gewaltverherrlichung, Cyberkriminalität und Mobbing reichte die Palette schon länger.

Und wie er war sein Kollegium seit Ausbruch des Krieges in Israel zunehmend hilflos, denn die Auswirkungen waren bis in jedes Klassenzimmer zu spüren. Wie damit umgehen, wenn die Ansichten der Eltern dazu führten, die eigenen Kinder zu instrumentalisieren?

Ja, Geschichtsunterricht gab es, soweit es verfügbare Stunden und Lehrkräfte dafür gab,  aktuelle Diskussionsrunden in allen Klassen ebenso, aber würde das was ändern, wenn Lehrerinnen und Lehrer sich den Mund fusselig redeten?

War es nicht einen Versuch wert, mal durch eine gute Dokumentation die Schülerinnen und Schüler anzuregen, den eigenen Horizont zu erweitern?

Ja, das war es!

300 Wörter

Schreibeinladung für die Textwochen 45*46*47*48**23

Christianes Etüdenjahr geht zu Ende. Bald folgen die Adventsetüden.

Die Wortspende für November bzw. für die Textwochen 45, 46, 47 und 48 des Jahres 2023 kommt von Myriade und ihrem Blog la parole a été donnée à l´homme pour cacher sa pensée. Sie lautet:

Horizont
kleinkariert
eintreten

 

‚Hinterm Horizont gehts weiter’

Eisig pfiff ihr der Wind um die Nase, sie merkte es nicht. Die raue See zog ihren Blick magisch an. Wie lange würde die Insel noch existieren, bis das Meer sie verschlungen hatte?

Und mit der Insel wäre dann auch ihr kleines Ferienhaus, ihre Oase im Trubel des Lebens, einfach fortgespült.

Das Ferienhaus war zum Endziellebenshaus geworden. Seit sie wusste, was ihr bevorstand, hatte sie nach und nach alles aufgelöst und aufgegeben, was zu ihrem bisherigen Leben gehörte und war ganz auf die Insel gezogen.

Sie hatte ihn immer für kleinkariert und spießig gehalten, doch seitdem sie nun regelmäßig miteinander zu tun hatten, spürte sie seine Großherzigkeit, seine Empathie und sein Wohlwollen ihr gegenüber, sie zu unterstützen, soweit es in seiner Macht stand.

‚Hinterm Horizont gehts weiter’. Wie sehr hatte sie dieses Lied geliebt und es laut mitgesungen, wenn sie es im Radio hörte. Doch nun traf es sie mitten ins Dasein.

Die grauen Regenwolken bildeten mit dem Himmel eine Einheit. Was lag hinter dem Horizont? Komisch, dass man sich erst mit solchen Fragen beschäftigte, wenn die Lebensuhr laut und deutlich auf das Ende hinweist.

Immer gesund und lebenshungrig hatte sie diese Frage gern auf ‚später’ verschoben, wie es fast alle tun. Doch nun wurde sie zu einem täglichen Begleiter, denn viel Zeit blieb ihr scheinbar nicht.

Angst zu sterben, hatte sie keine, das WIE lag ihr schwer im Magen. Der Krankheitsverlauf könnte sehr schmerzhaft werden, die Anfänge spürte sie bereits. Sie wollte nicht dahin siechen, sondern aufrecht aus diesem Leben gehen und in das Reich hinter dem Horizont eintreten.

Doch sie wollte ihm vertrauen. Komisch, da kannte man sich nur vom Wochenende und von Ferienzeiten, pflegt ein freundliches Nachbarschaftsverhältnis ohne irgendwelchen näheren Kontakt und dann wird der Nachbar wie durch ein Wunder zum behandelnden Hausarzt.

Das Abenteuer konnte beginnen.

300 Wörter

 

Schreibeinladung für die Textwochen 40*41*42*43*44**23 | Wortspende von Kopf und Gestalt (2)

Für Christianes  abc.etüden, Textwochen 40, 41, 42 43 und 44 des Jahres 2023: 3 Begriffe, maximal 300 Wörter. Die Wortspende stammt dieses Mal von Gerhard und seinem Blog Kopf und Gestalt. Sie lautet: Lehrer, grob, hauchen.

Bevor sie die Beifahrertür öffnete, schaute sie sich vorsichtig in alle Richtungen um, ob sie auch niemand gesehen hatte. Sie stieg ein, Schmetterlinge kreisten in ihrem Bauch. Erwartungsvoll blickten sie ihn an, die Luft um sie herum hatte wieder dieses flirrende Knistern, wenn sie ihn sah.

„Endlich“, hauchte er, „ich konnte es kaum erwarten, dich zu sehen“, und nahm sie fest in die Arme.

Sein Blick irritierte sie. Irgendetwas war anders. Die Straßenlaterne am Parkplatz, der einsam und abgelegen lag, ließ ihr warmes Licht direkt in sein Gesicht fallen. Seine Augen flackerten, als hätte er etwas getrunken oder sogar eingenommen. Wieder umschlang er sie, dieses Mal fest, ja fast grob und zum ersten Mal wurde ihr bei ihrem Treffen unwohl.

„Du tust mir weh“, flüsterte sie und versuchte, ihn sanft von ihr wegzuschieben.

Doch er fasste noch fester zu, schob seine linke Hand unter ihren Pullover und begann, ihre Brüste zu massieren.

„Hör auf!“. Sie schrie es fast heraus.

„Hab dich nicht so, du dummes Ding, ich weiß doch, dass du es auch willst! Wieso triffst du dich sonst mit mir? Ich habe keine Lust, länger zu warten. Und nun entspann dich!“

Sie blickte auf den Türöffner der Beifahrertür, doch im selben Moment schnappte die Zentralverriegelung zu. Sie saß in der Falle!

„Du bist mein Lehrer!“, schrie sie. „Das kann dich deine Stelle und mich mein Abitur kosten.“

„Darüber mach dir mal keine Sorgen. In wenigen Tagen bist du 18 und bei deinen Abiturnoten habe ich ein kleines Wörtchen mitzureden. Wenn du es bestehen willst, dann zick nicht länger herum und zieh dich endlich aus“.

Sie erwachte wie aus einem Traum. Jegliches romantisches Gefühl zerplatzte wie eine Seifenblase. Nun ging es einzig und allein um ihr Überleben, als junge Frau, als Abiturientin und in ihrer Würde. Sie musste hier raus!

300 Wörter

Schreibeinladung für die Textwochen 40*41*42*43*44**23 | Wortspende von Kopf und Gestalt

Christiane hat wieder eingeladen:

Für die abc.etüden, Textwochen 40, 41, 42 43 und 44 des Jahres 2023: 3 Begriffe, maximal 300 Wörter. Die Wortspende stammt dieses Mal von Gerhard und seinem Blog Kopf und Gestalt. Sie lautet: Lehrer, grob, hauchen.

So ein Irrsinn! Wieso hatte sie sich dazu überreden lassen?

Bevor sie die Tür öffnete, atmete sie tief durch, drückte vorsichtig die Klinke herunter und trat ein. Niemand nahm Notiz von ihr, der Geräuschpegel legte sich sofort auf ihre Ohren.

Sie stand da und staunte. Das Bild Halbwüchsiger mit dem Handy in der Hand und keinerlei Notiz für die Welt drum herum war ihr aus den Öffis bekannt. Das hier war noch eine Nummer größer.

Der Umgang miteinander war grob, physisch und verbal, Rangeleien schienen ein Ventil für den eigenen Frust zu sein.

Irgendein Flugobjekt kam direkt auf sie zu. Sie duckte sich rechtzeitig und mit einem lauten Knall zerplatzte es an der Wand hinter ihr. Eine braune Brühe ergoss sich auf dem Boden.

„’Tschuldigung“, hauchte es kaum merklich neben ihr.

Ein Junge, vielleicht sogar der Übeltäter, bemüßigte sich, das Corpus Delicti zumindest aufzuheben und die Sauerei grob zu beseitigen.

Außer einem hämischen Grinsen und einem „Wohl kein Zielwasser getrunken?“ blieben größere Reaktionen aus.

„Bist du neu hier?“, rief jemand aus dem hinteren Teil des Raumes.

„Ja!“, antwortete sie und überlegte, ob diese Antwort nicht der pure Blödsinn war und sich in rasanter Geschwindigkeit zu einem Albtraum entwickeln würde. Offenbar nahm sie niemand für voll. Kein Wunder, denn sie sah selbst aus wie jemand, der das Abitur gerade geschafft hatte.

Wenn sie hier einen Fuß an die Erde kriegen wollte, hieß es handeln. Fieberhaft suchte sie in ihrer Jackentasche nach ihrer Trillerpfeife, die sie noch vom morgendlichen Waldspaziergang mit Sammy irgendwo haben musste.

Schrill gellte der Pfiff durch den Raum und zerschnitt die Luft. Schlagartig war es still und etwa dreißig Augenpaare richteten sich auf sie.

„Guten Morgen, mein Name ist Jane Cunningham und ich bin eure neue Englischlehrerin!“

Dass sie Quereinsteigerin war, behielt sie erst einmal für sich.

300 Wörter

 

Schreibeinladung für die Textwochen 36*37*38*39**23 | Wortspende von Irgendwas ist immer

 

 

Die Wortspende für September bzw. für die Textwochen 36, 37, 38 und 39 des Jahres 2023 kommt von Christiane und ihrem Blog Irgendwas ist immer. Sie lautet:

Vorbote
abgrundtief
ersetzen

 

Apokalypse

Nichts ist mehr, wie wir es gewohnt sind.

Abgrundtief ist das Entsetzen, wenn die Weltnachrichten ins Wohnzimmer flattern und sich hartnäckig wie Spinnweben in den Ecken festsetzen.

Der Krieg in der Ukraine scheint schon zur leidigen Gewohnheit geworden zu sein und die Frage nach Friedensverhandlungen stellt sich für viele (noch) nicht. Das Fass ohne Boden wächst wie ein Krebsgeschwür heran.

Nachdem Südeuropa brannte und anschließend teilweise von Wassermassen überflutet wurde, bebt die Erde in Marokko und reißt Teile von Libyen ins Meer. Schauplätze des Grauens, von denen wir nur politische Schreckensszenarien kennen. Astronomische Zahlen von Toten und Vermissten!

Vorboten einer Apokalypse? Oder einfach nur eine viel zitierte ‚Zeitenwende’, die uns mit positiven Zukunftsszenarien immer wieder aufs Butterbrot geschmiert wird?

Klimaveränderungen sind ein bekanntes Phänomen der Erdgeschichte. Erdbeben, Vulkanausbrüche und Eiszeiten haben das heutige Antlitz der Erde geprägt und die Oberflächenstruktur der Erde verändert sich  weiterhin. Wie Menschen das in früheren Epochen erlebt haben, wissen wir nicht im Detail.

Kriege gibt es, seit es Menschen gibt und jeder von uns kennt genügend Beispiele aus dem eigenen Geschichtsunterricht.

Mir persönlich fällt ein positiver Blick in die Zukunft immer schwerer. Niemand von uns kann die Welt retten, sondern nur im eigenen kleinen Umfeld für ein gutes Herzensklima sorgen.

Das heißt aber auch, konsequent die eigene Komfortzone zu verlassen und umzudenken.

Bis zu welchem Punk sind wir bereit, auf Wohlstand und Bequemlichkeit zu verzichten und Liebgewordenes zu ersetzen? Wie ernst wird  die Verantwortung für die nachkommenden Generationen genommen oder hat der Gedanke ‚Nach mir die Sintflut’ Priorität?

Tatsache ist, alles ist im Wandel und ich bin überzeugt, wir können etwas tun und das Ruder ein wenig herumreißen! Worauf warten wir?

270 Wörter

7 aus 12 | Etüdensommerpausenintermezzo II-2023

Der Sommer geht sicher nicht zu Ende ohne die Sommerpausen-etüden, zu denen Christiane eingeladen hat.

 

In einer anderen Welt

‚He, aufwachen! Sonst gibt es hier gleich ein Malheur!

Keine Reaktion! Zuhause klappt das, wenn ich mein Frauchen lange genug anstarre oder leise vor mich hinwimmere, aber hier ist alles anders! Herrchen schläft und reagiert überhaupt nicht und ich habe keinen blassen Schimmer, wie ich hier rauskommen soll!

Na endlich, Frauchen wird wach. Der Blickkontakt funktioniert, ihre Alarmglocken sind angegangen. Ehe ich mich versehe, ist sie in ihre Jogginghose geschlüpft, wirft sich die Häkeljacke über, schnappt die nötigen Utensilien und rennt mit mir zum Gartentor. Nur ein kleines Stück Wald trennt uns vom Ufer und ich hocke mich zügig unter einen Busch, natürlich möglichst versteckt. Ich kenne doch hier niemanden!

Der Boden unter mir ist furztrocken, ja, ich habe sogar in einem Gespräch gestern etwas von einer weiteren Sommerdürre gehört. Und doch – etwa hundert Meter weiter kann ich keinen Horizont mehr erkennen. So viel Wasser habe ich ja noch nie gesehen! Solange ich da nicht rein muss, bleibe ich schön auf Abstand! Wer weiß, was solche Wassermassen wie die Wellen gestern Abend mit ihren gewaltigen Schaumkronen mit mir anrichten würden! Ich wäre hoffnungslos verloren.

‚Komm Frauchen, ich bin noch müde, lass uns noch eine Runde Augenpflege machen.’ Doch mein Frauchen steht stumm, ja fast andächtig und schaut aufs Meer, über dem gerade die Sonne aufgeht.

Nachdem uns allen noch zwei Stunden Schlaf vergönnt ist, machen wir uns nach dem Frühstück auf zum Strand. Eigentlich wäre ich lieber in der Ferienwohnung geblieben, denn drei Stunden Autofahrt am Vortag, eine völlig neue Umgebung und nichts, was mir bekannt vorkommt, haben meine zarte Hündinnenseele doch etwas aus dem Gleichgewicht gebracht.

So trabe ich gehorsam mit durch den heißen Sand, der mir fast die Pfotensohlen zum Glühen bringt und suche mir in der kleinen Bucht, in der wir unsere heutige Bleibe finden, sofort ein schattiges Plätzchen unter einem Strauch. Was war das für ein widerlicher Geschmack auf meiner Zunge! Natürlich hatte ich zwischendurch Durst und unbemerkt unterwegs mal meine lange Zunge ins Wasser gehalten. So etwas Salziges hatte ich noch nie getrunken und so gucke ich skeptisch, als mein Herrchen die Wasserflasche nimmt und mir etwas kaltes Wasser in den Wassernapf gießt. Nun ist die Welt wieder in Ordnung und ich buddele und rolle mich ein, bis mein Bauch und meine Pfoten sich wohlig in die kühle Kuhle schmiegen.

Hoffentlich verwechselt mich niemand mit einem Kugelfisch.

Irgendwo spielt jemand Gitarre, gar nicht schlecht, wie ich finde und ich schlafe ein, bis mich das penetrante Kreischen zahlreicher Möwen auf der nahen Sandbank unsanft weckt.

Ich bin sicher, dass sie neidisch auf unseren Mittagsimbiss sind. Obwohl ich die Erwachsenenpfannkuchen mit Apfelkompott sehnsüchtig anstarre, bekomme ich natürlich etwas anderes, Hündinnenfutter für heiße Tage. Das lasse ich mir von keiner Möwe streitig machen, möge sie noch so laut kreischen und Hunger haben.

Es kann ein schöner Urlaub werden, davon bin ich nun doch überzeugt.

475 Wörter

Schreibeinladung für die Textwochen 14*15*16*17*18**23

Für Christianes Schreibprojekt, die abc.etüden, Wochen 14*15*16*17*18**2023:

3 Begriffe, maximal 300 Wörter. Die aktuelle Wortspende stammt von mir mit meinem Blog Meine literarische Visitenkarte. Sie lautet:

Nestbau
tanzen
frostig
.

 

 

Was gibt es Schöneres, als bei strahlend blauem Himmel und viel Sonne in die Natur zu gehen und das frühlingshafte Erwachen mit allen Sinnen zu erleben? Der Frühling stand bereits in den Startlöchern und Mutter Erde verspürte Unruhe in sich, alles sich regende Leben auszutreiben.

Langsam ging die Sonne über der Maas auf. Ob es ihr heute gelingen würde, die letzten dunklen Wolken der Nacht zu vertreiben und den Raureif auf den Wiesen zu schmelzen?

Auch wenn es noch früh am Morgen und die Luft ausgesprochen frostig war, gab es überall schon rege Aktivitäten.

Der „Gute Hirte“ hatte sich schnell  daran gewöhnt, dass er seine Nische in luftiger Höhe nicht mehr für sich alleine hatte. Die Zeit des Nestbaus hatte längst begonnen und so wunderte es ihn nicht, dass er stets von munteren schwarzen Vögeln besucht wurde, die mit kleinen Rindenstücken, Gräsern, Moos und Federn angeflogen kamen und um seine Füße herum tanzten.

Das Nest nahm Formen an und auf eigentümliche Weise freute sich der „Gute Hirte“ auf seine neue Aufgabe. Wenn sich Vögel zu seinen Füßen niederließen, um zu brüten, stellten sie sich unter seinen besonderen Schutz und den würde er ihnen gewähren.

Schreibeinladung für die Textwochen 10*11*12*13**23

Christiane lädt wieder zur nun monatlich stattfindenden Etüde ein: aus 3 Wörtern eine Kurzgeschichte mit maximal 300 Wörtern zu schreiben.

Die Wortspende für März bzw. die Textwochen 10, 11, 12 und 13 des Jahres 2023 stammt freundlicherweise von Werner Kastens und seinem Blog Mit Worten Gedanken horten. Sie lautet:

Dichterlesung
genügsam
verkuppeln

 

 

Das Geburtstagsgeschenk

„Hast du nicht alle Latten am Zaun?“

Mike hielt den Geburtstagsgutschein seiner Schwester in der Hand, schaute sie ungläubig an und setzte hinzu: „ Du weißt doch, dass ich außer meiner Tageszeitung, Elternratgebern und der Autozeitung nichts lese, und nun soll ich zu einer Dichterlesung gehen? Bescheuert!“

Sandra hatte mit einer ähnlichen Reaktion gerechnet, sie wusste, dass Mike schon in seiner Schulzeit sehr genügsam mit anspruchsvoller Literatur war und sich auch später nie dafür interessiert hatte.

Er geriet immer mehr in Rage und machte aus seinem Herzen keine Mördergrube.

„Du weißt, dass ich für so etwas weder Interesse noch Zeit habe. Ich bin froh, wenn ich meine Aufgaben für den Tag halbwegs erfüllen und abarbeiten kann, bevor ich wie ein nasser Sack todmüde ins Bett falle.“

Sandra biss sich auf die Lippen. Nur nicht die Nerven verlieren! Mit ruhiger Stimme erklärte sie ihrem Bruder: „ Ich weiß zu gut, unter welchem Stress und Druck du stehst. Für den besagten Abend habe ich ein Kindermädchen organisiert und wir könnten gemeinsam dorthin gehen.“

„Ich soll meine Kinder fremden Leuten überlassen? Kommt gar nicht infrage! Da hätte ich mich mehr gefreut, wenn du den Babysitter gegeben und mir einen Gutschein für die Sauna geschenkt hättest, DAVON hätte ich sicher profitiert. Ich schlage vor, du gehst mit einer deiner literaturinteressierten Freundinnen dahin, denn dein holder Gatte scheint ja auch nicht so der geistige Akrobat zu sein.“

Sandra gab nicht auf. Es waren ja noch ein paar Tage bis zu diesem Abend. Sie konnte Mike nicht sagen, dass hinter dieser Dichterin eine überaus attraktive Freundin stand, die bestens zu ihm passen würde. Seit Mikes Frau vor einem Jahr mit ihrem Fahrlehrer durchgebrannt war und ihn mit den Kindern alleine gelassen hatte, schien es an der Zeit, ihn mit einer netten jungen Dame zu verkuppeln.

299 Wörter