Schreibeinladung für die Textwochen 23.24.21

Christiane lädt zu einer neuen Etüdenrunde ein. Die Wörter für die Textwochen 23/24 des Schreibjahres 2021 stiftete Ellen mit ihrem Blog nellindreams. Sie lauten:

Picknickdecke
verwegen
recherchieren

Der Frühling war in diesem Jahr, wie so vieles andere nahezu ausgefallen und von heute auf morgen hatte der Sommer seinen Einzug gehalten. Eben noch im tiefsten Lockdown öffneten sich plötzlich Türen, die lange verschlossen waren.

‚Das Leben ist zu kurz für irgendwann … ‚war ihr in einem neulich gelesenen Zitat im Gedächtnis geblieben. Nein, keine Zeit verlieren und das Leben beim Schopf packen!

Sie fand sich mutig, ja fast ein wenig verwegen, als sie heute früh beim Erwachen in die strahlende Sonne blinzelte, dem aufgeregten Ruf der Vögel lauschte und nach ihrem Smartphone griff.

Marty war sofort am Telefon, als hätte er bereits auf ihren Anruf gewartet.

Mareike verlor keine Zeit und kam gleich zur Sache, überrollte Marty mit ihrem ausgeklügelten Plan, einen Picknickkorb zu packen, das Fahrrad zu überholen und startklar zu machen und schärfte ihm ein, eine große bunte Picknickdecke mitzubringen.

Entweder war er noch nicht ganz wach oder stand, wie so oft, ein wenig mit dem Fuß auf der Leitung, denn er fragte etwas ratlos, ob sie denn nicht erst recherchieren sollten, was die neuen Regeln alles erlauben würden, bevor sie sich an einem Sonntagvormittag ins Getümmel stürzten.

„Wir dürfen heute nach unseren eigenen Regeln leben und einen Sommertag in Freiheit erleben“, antwortete Mareike in sich hinein schmunzelnd. „Ach, und denke bitte an ein Badetuch, ich habe eine Bucht am See entdeckt, die so einsam ist, dass sie geradezu paradiesisch anmutet. Bis später!“

Bevor Marty irgendetwas erwidern konnte, hatte sie aufgelegt und sich in die Vorbereitungen gestürzt. Es wäre doch gelacht, wenn sie ihm seine Schüchternheit heute nicht ein wenig therapieren könnte …

267 Wörter

 

Duftig

Duftig

Obwohl wir uns nicht kannten, waren wir einander vertraut. Der Morgenzug um 5.26 Uhr in Richtung Grünau verband uns. Wir grüßten uns nie, nicht einmal der Hauch eines Kopfnickens war uns wichtig. Und doch machte ich mir Gedanken, wenn er mal nicht auf dem S-Bahnhof stand. Ich legte absolut keinen Wert auf eine Unterhaltung, er war ganz und gar nicht mein Typ.

Seinem Äußeren nach lebte er alleine. Seine blauen Jeans, seine Turnschuhe und seine blaugraue Fleecejacke schienen nicht immer ganz keimfrei zu sein. Seine etwas schütteren Haare wirkten oft speckig und ungewaschen.

In der S-Bahn saßen wir auf „unseren“ Plätzen, in Fahrtrichtung und jeder von uns in seine Morgenzeitung vertieft. Am S- Bahnhof Bornholmer Straße trennten sich unsere Wege, bis zum nächsten Arbeitstag

An diesem Morgen versetzte er mich in Erstaunen. Er war von Kopf bis Fuß neu eingekleidet. Seine Haare waren frisch gewaschen und in Form geschnitten, sein Dreitagebart fehlte. Er trug eine hellbraune Übergangsjacke, die den Kontrast zu seinen schwarzen Jeans hervorhob.
Seine Füße steckten in schwarzen Halbschuhen. Ich konnte einen Hauch von Attraktivität nicht leugnen.

Der Zug setzte sich in Bewegung. Ich schloss die Augen und versuchte, den letzten Rest Schlaf aus meinem Körper zu vertreiben. Meine Sinne reagierten schnell, ein Duft stieg mir in die Nase, der mir fremd und doch vertraut vorkam.

Mein Kopfkino sprang an und ich reiste in meine Kindheit, um diesen Duft aufzuspüren. Alle hatten sie, meine Uroma, meine Großtanten, nur bei uns gab es so etwas nicht. Scheinbar hatte meine Mutter auch nie daran Gefallen gefunden.
Ich sah sie vor mir, die kleinen Kissen, kunstvoll bestickt, aus denen getrockneter Lavendelduft aufstieg und meine Nasenflügel wurden leicht kraus.

Es war nicht so, dass ich Lavendel nicht mochte, im Gegenteil. Wenn die Luft im Sommer vom Summen der Insekten erfüllt war und die lilablauen Lavendelblüten sich leicht im Sommerwind hin und her bogen, war das Sommergefühl perfekt. Dazu ein süßer Duft von Rosen, deren rote Blütenköpfchen einen perfekten Kontrast zum Lilablau des Lavendels abgaben, das war Sommer pur.

Ich öffnete die Augen, neugierig, woher der zarte Lavendelduft kam, Mein Blick ging in eine Richtung und ich betrachtete meinen vertrauten Mitreisenden, der in seine Zeitung vertieft war. Ich war sicher, dass er seinen Tag morgens im Lavendelschaum begonnen hatte und der Rest seines Schaum- oder Duschbades nun gleichmäßig durch das Zugabteil waberte.

Die Sonne hatte die Wolkendecke durchbrochen und schickte ihre warmen Strahlen in das Abteil. Ich hatte noch Zeit, schloss die Augen und träumte mich in ein riesiges Feld mit blühendem Lavendel.
Der Tag konnte so richtig beginnen.

Lavendel

© G. Bessen 10/14

Sommerfreuden

Sommerfreuden

 

Kornblumenmohnrotblau

erblick‘ ich,

wenn ich

über Felder schau.

 

Sie wiegen sich im Sommerwind,

erinnern an die Zeit als Kind,

als wir durch die Felder liefen

und erfreut den Sommer riefen.

 

Wir flochten bunte Blumenkränze

und setzten sie

wie Kronen auf.

So nahm,

wie in jedem Jahr,

der warme Sommer

seinen bunten Lauf.

 

C/G.B. 2011

angeregt durch Barbaras Gedicht ROTER MOHN