Schreibeinladung für die Textwochen 10.11.19 Die zauberhaften Wörter für die Textwochen 10/11 des Schreibjahres 2019 kommen von Natalie und ihrem Blog, dem Fundevogelnest. Die neuen Begriffe lauten:
Nieselregen
weich
irren
Wüstenblumen
Gedankenverloren starrte Henk auf sein halb volles Weinglas. Seit Merle ausgezogen war, hatte sich eine schwermütige Stimmung auf seine Seele gelegt und seine Tagesbilanz fiel allabendlich wüstenhaft aus. Leer, farblos und lebensunlustig, ja, so fühlte er sich seit Tagen.
Der wolkenverhangene Himmel und der Nieselregen, der seit Stunden weich und lautlos fiel, passte zu seinem Stimmungsbild. Wenn er nicht bald umkehrte, würde er in eine Depression rutschen und möglicherweise zum Alkoholiker werden.
Er musste die Trennung akzeptieren, denn alles Reden hatte den Schleier der Missverständnisse und Ungereimtheiten nicht auflösen können. Offensichtlich passten Merle und er nicht zusammen und diese Erkenntnis betraf unzählige andere Paare auch.
Sein Blick fiel auf die Fensterbank und blieb an Merles Kakteen hängen. Sie hatte nie einen grünen Daumen gehabt und alle Pflanzen waren bei ihr verdurstet oder ertrunken, sodass sie ihr Glück irgendwann mit Kakteen versuchte, bei denen man ja nicht viel falsch machen konnte.
Henks Gesicht wurde weich. Er spürte, irgendetwas bewegte sich in ihm. Er nahm sich seine heutige Tagesbilanz noch einmal genauer vor und fand plötzlich, dass sie gar nicht so negativ ausfiel, wie noch vor ein paar Minuten.
Er hatte eine ordentliche Betriebskostenrückerstattung bekommen, was seinem Bankkonto gut gefallen würde. Peter, ein alter Freund, den er schon fast aus den Augen verloren hatte, rief heute an und berichtete beglückt von seinem ersten Enkelkind. Edda, eine betagte Nachbarin und vorzügliche Bäckerin, hatte ihm ein Stück Apfelkuchen vor die Tür gestellt, das noch unberührt in der Küche auf ihn wartete.
Henk mochte sich irren, doch als er erneut auf Merles Kakteen schaute, hatte er das Gefühl, als würden sich an ihnen kleine Blüten öffnen und zum Leben erwachen und seine kleine Welt bekam ein paar neue Farbtupfer. Eine unbändige Lust auf Kaffee und Apfelkuchen erfasste ihn und gab ihm einen unerwarteten Energieschub.
300 Wörter
Liebe Anna-Lena, ein schönes Beispiel dafür, dass es sich doch lohnt immer mal wieder die Perspektive zu wechseln!
Herzliche Grüße
Ulli
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Das meine ich auch, liebe Ulli.
Danke und herzliche Grüße zu dir!
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Es gibt diesen Punkt der Umkehr, wo man sich plötzlich gewahr wird, dass ein möglicherweise großer Teil des Dramas im eigenen Kopf stattfindet und, von außen betrachtet, anders gesehen werden kann. Es bleibt die eigene Entscheidung, ob man den eingeschlagenen Weg weitergeht oder zurück – oder sonstwohin.
Liebe Grüße
Christiane, die blühende Kakteen zauberhaft findet
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Damit hast du absolut recht, liebe Christiane. Wir machen uns einen Großteil unserer Probleme selber.
Es grüßt
Anna-Lena,
ebenfalls eine Kakteenfreundin
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Die Kakteen haben ihn zum Umdenken angestachelt. Wie schön!
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Oft sind es die unscheinbaren Dinge unseres Lebens, die Großes bewirken 🙂 .
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was für ein schönes und völlig überraschendes Umdenken, liebe Anna-Lena.
Daß die Kateen nun die Ursache sind, ist ebenfalls ein wenig überraschend, aber Überraschungen sind ja das Salz in der Suppe und vergiß es mal, dann schmeckt auch die beste Suppe der Welt fade und *läbsch*.
Ganz herzliche Grüße von Bruni an Dich
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Ich befasse mich gerade mit dem Thema Wüsten, vielleicht daher der Umschwenker, liebe Bruni.
Einen schönen Freitag für dich mit vielen schönen Momenten der Freude,
Anna-Lena
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sofort geht mir der ziemlich alte, aber bekannte Buchtitel
Die Wüste lebt
im Kopf herum und ja, sie tut es, aber auch sie braucht das lebensspendende Wasser.
Lieber Morgengruß von Bruni
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So ist es und ich glaube, die Wüste ist lebendiger, als wir es uns vorstellen können.
Liebe Grüße zu dir!
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Eine wunderbare Geschichte. Die kleinen Freuden des Lebens sind nicht zu unterschätzen. Sie können sogar zur Heilung beitragen, der inneren oder äusseren.
Lieben Gruss,
Brigitte
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Und es bedarf nur einer Richtung des Blickwinkels.
Hab einen schönen Freitag und liebe Grüße
Anna-Lena
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Deine kleine Geschichte, liebe Anna-Lena, ist eigentlich eine große. Was gibt es schöneres als das Leben in positive Worte zu kleiden und Bewegung im Lesenden hervorzurufen.
LG Barbara
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Danke, liebe Barbara, für dieses Lob 🙂 .
Ich freue mich und grüße dich herzlich!
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