„Komm jetzt bitte essen, Stefan.“ Die Stimme der Erzieherin hatte einen etwas unwirschen Unterton. Max rührte sich nicht von der Stelle, wischte sich schnell ein paar Tränen aus den Augenwinkeln und schaute stur vor sich hin. Michaela setzte sich zu ihm auf die kleine Bank in der Garderobe. „Willst du mir nicht endlich sagen, was mit dir los ist? Ich sehe doch, dass du geweint hast.“ Max blickte sie an. „Gibt es den Weihnachtsmann, oder nicht?“ „Ja, klar gibt es ihn. Ihr habt doch vor ein paar Tagen eure Wunschzettel für ihn gebastelt. Wie kommst du darauf?“ Max schluckte. „Als die Hortkinder vorhin aus der Schule kamen, hat Tobias gesagt, es sei alles Blödsinn. Den Weihnachtsmann gibt es gar nicht, die Geschenke kaufen die Eltern.“
Daher wehte also der Wind. Michaela nahm den knapp Fünfjährigen auf den Schoß, strich ihm liebevoll durch die wuscheligen blonden Haare und überlegte verzweifelt, wie sie das heile Bild vom Weihnachtsmann in Max’ kindlichem Köpfchen wieder herstellen konnte. „Du musst nicht alles glauben, was Tobias sagt. Komm, lass uns zu Tisch gehen, die anderen warten schon auf uns.“ Max beruhigte sich wieder und ging an Michaelas Hand mit in den Gruppenraum. Als die jüngeren Kinder ihren Mittagschlaf hielten, ging Michaela in den Hortbereich und sprach ein ernstes Wort mit dem neunjährigen Tobias, der bereits in seine Hausaufgaben vertieft war. „Tobias, warum sagst du so etwas, dass es keinen Weihnachtsmann gibt? Damit stößt du die Kleineren ganz schön vor den Kopf.“
„Das stimmt doch. Das Gerede um den Weihnachtsmann ist doch völliger Blödsinn, das weiß doch inzwischen jedes Kind“, entgegnete Tobias, sich seiner neun Jahre durchaus bewusst. „Eben nicht. Du bist so weit, dass du den Unterschied zwischen Kinderglauben und dem wahren Leben verstehst. Lass den Kleinen ihre kindlichen Illusionen, solange sie die noch ausleben können. Findest du nicht, dass es Sache der Eltern ist, ihre Kinder behutsam aufzuklären, wie es sich mit dem eigentlichen Weihnachtsfest und der heutigen Tradition verhält?“
Tobias sah Michaela nachdenklich an. „Ich hab da wohl ziemlichen Mist gebaut, oder?“ „Du hast einfach nicht hinreichend nachgedacht“, entgegnete Michaela versöhnlich. „Vielleicht versuchst du dich zukünftig immer erst in die Rolle des anderen hinein zu versetzen. Dann kommt es nicht soweit, dass für den anderen Träume wie Seifenblasen zerplatzen.“
©G. Bessen
****************
Den obigen Weihnachtsmann habe ich kürzlich erst
in der Nähe des Breitscheidtplatzes aufgenommen,
an dem gestern Abend zwölf Menschen ihr Leben verloren,
als sie einfach nur einen Weihnachtsmarkt besuchten.
Viele sind verletzt und ringen noch um ihr Leben.
Frieden den Verstorbenen, Genesung den Verletzten
und ganz viel Kraft den Angehörigen.
Wie schön! Ich würde sagen, die Erzieherin hat alles richtig gemacht… 😉
Dir auch einen guten Tag, so gut es eben geht nach den schrecklichen Ereignissen in Berlin.
Herzlich,
Brigitte
LikeGefällt 1 Person
Wir hatten vor, am kommenden Freitag dort abends noch einen Glühwein zu trinken und nun dieses grauenhafte und unvorstellbare Ereignis.
Liebe Grüße
Anna-Lena
LikeLike
Ich bin froh von dir zu lesen, liebe Anna-Lena. ❤ Ich habe gestern an dich gedacht. Schrecklich, was da auf dem Weihnachtsmarkt passiert ist. 😔
Schöne Geschichte mit dem Weihnachtsmann, wie sie sicher öfter tatsächlich passiert.
Liebe Grüße,
Martina
LikeGefällt 1 Person
Wir hatten vor, am Freitag dorthin zu gehen, um mit Freunden einen Glühwein zu trinken… 😦 .
Und geht es gut, liebe Martina und wir haben niemanden, den es betroffen hat.
DANKE ❤ und liebe Grüße zu dir!
LikeGefällt 1 Person
Friede auf Erden ! Liebe auf Erden ❤ Danke für den wunderbaren Beitrag.Man findet keine Worte bei all dem Schrecklichen .Friede auf Erden.Die liebsten Grüsse an Dich ,liebe Anna-Lena
LikeGefällt 1 Person
Scheinbar ist das mit dem Frieden eine komplizierte Angelegenheit geworden, mit der Liebe ebenso.
Aber lass uns nach vorne sehen, liebe Jeannette.
Ganz liebe Grüße zu dir ❤
LikeGefällt 1 Person
Es ist unendlich traurig, was gestern Abend in Berlin geschah und auch ich denke bewegt an die Opfer, die Verletzten und ihre Angehörigen. Wieviel Leid brachte auch diese sinnlose Tat; es fehlen die Worte!
Ich grüße Dich, Anna-Lena!
Helga
LikeGefällt 1 Person
Ich war zum ersten Mal sehr froh whats app zu haben und konnte so mit vielen gleich in Kontakt treten.
Am Freitag Abend wollten wir genau dahin, einen Glühwein trinken…
Liebe Grüße auch zu dir,
Anna-Lena
LikeLike
Schöne Geschichte, die nachdenklich stimmt. Ich wurde so ähnlich vom Weihnachtsmann entzaubert. Erinnere ich mich heute noch dran. Kann da richtig mitfühlen 😉 Leider leben wir in einer Zeit, in denen die Fiktion immer mehr aus der Kindheit verschwindet und die Kinder so um ihre fantastische Phase gebracht werden. Meist durch die Erwachsenen, die meinen dass Kinder nicht mit solchen „falschen“ Geschichten aufwachsen sollen … Schade!
LikeGefällt 1 Person
Ja, das finde ich auch sehr schade. Die Zeit der Realität – und oft einer ganz bitteren, wie wir gerade wieder erfahren – kommt für Kinder noch früh genug 😦 .
LikeGefällt 1 Person
Eine Geschichte, die bestimmt in dieser oder ähnlicher Weise oft passierte und weiter passieren wird, liebe Anna-Lena, aber sehr gut die Lage bereinigt! *g*
Ich hab meist gesagt, daß die Eltern halt helfen müssen, damit der Weihnachtsmann alles pünktlich schafft. Er muß doch an soooo viele Kinder denken.
Schlimm, der gestrige Anschlag in Berlin. Sehr schlimm und wieder leiden Unschuldige, wie immer.
Liebe Grüße von mir an dich ♥
LikeGefällt 1 Person
Ja, Erzieherinnen müssen Allround-Talente sein. Ich habe ja auch einige Jahre in dem Job gearbeitet.
Der Schock sitzt noch tief und ich habe Schwierigkeiten, zum Alltag überzugehen. Ich kenne den Unglücksort zu gut.
Liebe Nachtgrüße von mir.
LikeGefällt 1 Person
Das glaub ich Dir.
Da hat man nochmal andere Gedanken, Du Liebe
LikeGefällt 1 Person
Wie schön, wenn mam dem Glauben an den Weihnachtsmann oder das Christkind so lange wie möglich ausleben kann……
Zu Berlin fehlen mir die Worte….. als ich davon hörte, habe ich sofort an Dich gedacht, weil Du ja nicht weit entfernt wohnst….
LG Susanne
LikeGefällt 1 Person
Ich wünsche es jedem Kind, so lange wie möglich unbefangen glauben zu können.
Wir hatten morgen mit einer ganzen Gruppe von Freunden vor, dort noch einen Glühwein zu trinken. Ein paar Tage später und es hätte uns treffen können….
Einen herzlichen Gruß zu dir ❤ .
LikeLike
Ich bin froh, dass Du an dem besagten Tag nicht dort warst!!!!
LG Susanne
LikeGefällt 1 Person
Ich war gestern früh am Ort des Geschehens und es hat mich sehr bedrückt. An mehreren Stellen sind Blumen- und Kerzenmeere und die Menschen sind still und trauern. Eine gespenstische und doch irgendwie getragene Atmosphäre des Zusammenhaltens.
Liebe Grüße
Anna-Lena
LikeLike
Liebe Anna-Lena. Ein schönes Beispiel guter Pädagogik. Danke.
Schrecklich, was Menschen leiden müssen. Unvorstellbar…
Dir, alles Gute. Priska
LikeGefällt 1 Person
Liebe Priska, auch für dich eine gute Zeit, immer mit dem nötigen Weitblick und Fingerspitzengefühl.
Mit herzlichen Grüßen
Anna-Lena
LikeLike