Christiane lädt wieder zur Etüde ein:
Die Wörter für die Textwochen 28/29 des Schreibjahres 2019 kommen zum ersten Mal von Gerhard und seinem Blog Kopf und Gestalt. Die neuen Begriffe lauten:
Füße
harmonisch
wünschen
Er war nie gewalttätig geworden, dass ihm die Hand ausgerutscht wäre oder er ihr die Faust ins Gesicht geschlagen hätte. Danach hatte sie sich das manchmal regelrecht gewünscht. Wunden körperlicher Art heilten und vernarbten irgendwann, die Wunden seelischer Art aber blieben wie glühende Feuermale und ihr Schmerz ließ nicht nach. Bis heute war er unverändert intensiv.
Sie hatte sich für ihn beinahe aufgegeben, sie hätte alles für ihn getan, doch er hatte ihre Liebe mit Füßen getreten, sie betrogen und belogen und sie hatte nichts gemerkt. Sie wollte doch immer nur ein harmonisches Ehe- und Familienleben, wie es Tausende anderer Menschen auch erstrebten.
Und dann hatte ihr jemand brutal und schonungslos die Augen geöffnet, ihr die rosarote Brille der Verliebtheit heruntergerissen und sie stand da, nackt, hilflos und verwundet wie ein junger Vogel, den man aus dem Nest gestoßen hatte.
Sie hatte ihn angezeigt, doch das Strafmaß war demütigend und lächerlich.
Und heute war der Tag, an dem er aus der Haft entlassen wurde. Sie hatte keine Ahnung, was er nun vorhatte, wohin er gehen würde. Sie wusste nur eins: Nie wieder würde er ihr zu nahe kommen, nie wieder würde er ihr wehtun.
Sie rückte ihre Sonnenbrille zurecht, schob das Kopftuch über ihre hellblonden Haare, startete das Auto und fixierte angespannt das Gefängnistor, das sich eben geöffnet und ihn wieder ausgespuckt hatte. Sein einst jungenhaftes Lächeln, dem sie sofort verfallen war, hatte sich in ein hämisches Grinsen verwandelt und auch sonst erinnerte seine Figur nur noch wenig an den einstigen gut gebauten Charmeur.
Er hatte sie sofort gesehen und ihr Auto erkannt. In ihrer Therapie hatte sie einen anderen Weg der Bewältigung aufgezeigt bekommen, aber das war ihr nun egal. Sie tat das, was ihr Bauchgefühl ihr nun riet. Sie fixierte ihn, nahm Kurs auf und gab Gas … .
300 Wörter
Oh weh. Verständlich, aber dennoch. Die Arme. So wird sie ihn auch nicht los …
Liebe Grüße Richtung Hauptstadt
Christiane
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Was so eine Demütigung alles ausmachen kann …
Danke für deine lieben Grüße, die ich gern an dich zurücksende 🙂 .
Herzlich,
Anna-Lena
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Rache ist süß, hat man früher gesagt. Ist verständlich, aber keine Lösung. Die Arme wird jetzt für den Rest ihres Lebens an ihn gebunden sein.
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Da gebe ich dir recht, lieber Werner, zum Glück ist es nur meiner blühenden Fantasie entsprungen (wenngleich ich es auch verstehen kann …) 🙂 .
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wow, was für ein kategorisch dramatisches Ende, liebe Anna-Lena.
Alle Demütigungen der vergangenen Jahre lagen nun im durchgetretenen Gaspedal …
und was von ihm blieb?
Nur ein elendes Häufchen blutiger zerbrochener Knochen mit Fetzen von Kleidungsstücken…
Mich schaudert und doch ist eine solche Situation letztendlich zu begreifen, gebündelte und lange aufgeschobene Hassgefühle, die sich Bahn brechen.
Meins wäre es nie.
Ganz liebe und herzliche Grüße von Bruni an Dich
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Ich war noch nie in einer solchen Situation, Überlegungen dieser Art zu haben. Doch ich kann es nachvollziehen, wenn so ein ganzer Sicherungskasten durchknallt, wenn die Verletzungen so tief sitzen.
Zum Glück ist es Fiktion und nicht nachahmenswert.
Ganz liebe Grüße dir,
Anna-Lena
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Also keinerlei derart drastische Reaktionen von uns beiden, weder von Dir, noch von mir….
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So soll es auch bleiben … !
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Das ist ja schrecklich – inhaltlich. 🙂
Lieben Gruss,
Brigitte
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Ja, so kann es auch passieren.
Hab einen schönen Freitag,
Anna-Lena
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