abc-Etüde 47.48.18 (2)

Die von Christiane gesammelten Wörter für die Textwochen 47 und 48 des Schreibjahres 2018 stiftete Yvonne von umgeBUCHt. Sie lauten:

Raureif
sündig
verrücken

Richtungswechsel

 Die Sonne versuchte, sich einen Weg durch die dicken Nebelfelder zu bahnen. Es war bitterkalt geworden und trotz des Raureif waren alle Schülerinnen und Schüler der 10b pünktlich und eingemummelt zum vereinbarten Treffpunkt erschienen. Blaue Müllsäcke und Lunchpakete mit Thermoskannen voll heißen Tees waren in den Rucksäcken der Lehrkräfte verstaut.

„Unser Dorf soll schöner werden“ hieß ein Wettbewerb, den Herr Peters, der Klassen- und Erdkundelehrer der 10b, noch aus seiner Studienzeit kannte. Er hatte diesen Slogan abgewandelt und seine Klasse ohne viel Überredungskunst dazu gebracht, den vorweihnachtlichen Wander- und Projekttag zu nutzen, das Waldstück hinter der Schule freiwillig von Müll und Unrat zu reinigen.

Die Zunahme illegaler Müllkippen lag Herrn Peters sehr auf der Seele und er hatte es satt, sich mit dem Bürgermeister der 4000-Seelen-Gemeinde zu streiten oder mit der Zeitung zu drohen.

Die neuesten Klimaberichte ließen auch seine Schüler aufhorchen und nachdenklich werden, hatten sie und nachfolgende Generationen ihre Lebensplanungen noch vor sich und das Recht auf eine lebenswerte und intakte Umwelt.

Auch wenn sich an den aktuellen Tatsachenberichten nichts verrücken ließ, so konnte eine Schadensbegrenzung nie verkehrt sein. Wer hatte sich nicht alles im Laufe von Generationen durch Machtanspruch und einseitiges Wirtschaftsdenken an der Umwelt und ihren Ressourcen versündigt.

Sich gegenseitig die Schuld in die Schuhe zu schieben brachte ebenso wenig, wie daran zu glauben, dass unsere Volksvertreter es schon richten würden, denn blickte man über den eigenen Ländertellerrand hinaus, so sah es woanders nicht besser aus und jenseits des Großen Teiches wurde das Thema komplett ignoriert.

Das alles war Diskussionsstoff der vergangenen Unterrichtsstunden und so einigte sich die Klasse ohne Ausnahme, die Ärmel aufzukrempeln und selbst Hand anzulegen. Nach drei Stunden intensiven Müllsammelns staunte die Klasse nicht schlecht, was an Dreck und Unrat in einem überschaubaren Waldstück zusammengekommen war.

Eine künftige schuleigene Projektidee war geboren worden.

300 Wörter

© G. Bessen

19 Kommentare

  1. Diese Schülerinnen und Schüler werden mit großer Wahrscheinlichkeit niemals Zeugs achtlos in die Gegend werfen und lernten außerdem eine Lektion in selbstverantwortlichem Handeln – es gibt solche Lehrkräfte, hoffentlich immer mehr!
    Liebe Anna-Lena, ich grüße dich herzlich, Ulli

    Gefällt 2 Personen

  2. Pingback: Schreibeinladung für die Textwoche 49.50.18 | Wortspende von Elke H. Speidel | Irgendwas ist immer

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